Fünfzehnter bis sechzehnter Tag: durch Russland

15. Tag: Donnerstag, 8. Juni nach Kaliningrad
16. Tag: Freitag, 9. Juni nach Nida

zur Startseite
        

15. Tag: Donnerstag, 8. Juni nach Kaliningrad

Morgens nach dem Frühstück zuerst Führung durch den Dom und das Kopernikus-Museum. Frauenburg war viele 100 Jahre Hauptstadt des Ermlands, obwohl es nie mehr als 2.500 Einwohner hatte.

Dom Hauptaltar Kopernikus war im 16. Jahrhundert einer der 16 Domherren, praktizierte daneben als Arzt und schrieb seine astronomischen Werke nach eigenen Beobachtungen und Forschungen. Im großen Vorhof der Kirche steht eine 600 Jahre alte Eiche, der einzige lebende Zeitzeuge von Kopernikus.

Der Dom ist ein beeindruckendes Bauwerk, das innen etwa so lang ist wie ein Fußballfeld. 1945 wurde der Domschatz vor den anrückenden Russen so gut versteckt, dass er bis heute nicht wieder gefunden wurde.

Der Hauptaltar ist ein beeindruckendes Werk aus Marmor. Edwin, wie unser Führer sich vorgestellt hatte hat das ungefähre Gewicht genannt. Das habe ich leider nicht dokumentiert. Jedenfalls war allein der Transport des Baumaterials für die Bildhauer (überwiegend aus Italien) eine technische Herausforderung.

Die Orgel (eine von zweien) ist ein altes Meisterwerk, das noch einen großen Anteil alter Holzpfeifen aufweist. Meisterorganisten spielen sehr gern auf diesem Instrument.

Nach einer guten Stunde Führung durch Edwin, der mit viel Sachkenntnis und Liebe berichtet hatte, sind wir zur russischen Grenze aufgebrochen.

Die positive Überraschung: Es gab keine langen Schlangen. Zwei Stunden hat die ganze Prozedur dennnoch gedauert, da nach der Vorkontrolle die beiden Hauptkontrollen - polnisch und russisch - und anschließend die zweite russische Hauptkontrolle folgten. Wer gedacht hat dass es damit erledigt sei, sah sich getäuscht. Es folgte noch eine Nachkontrolle, bei der Schorsch dann rausgefischt wurde. Irgendein Papier für den Wagen fehlte, er musste zurück zur letzten Station. Das sei aber kein Problem und gehe schnell, wurde uns gesagt.

Nach einer halben Stunde informierte er uns am Telefon, dass wir schon fahren sollten, er sei bald fertig. Als er dann nach insgesamt dreieinhalb Stunden an der Grenze 20 Kilometer vor Kaliningrad wieder zu uns stieß, schimpfte er "wie ein Rohrspatz" über das Kabinettstück russischer Bürokratie, das er erlebt hatte.

Wir sind übrigens die ganze Strecke auf der Hauptstraße von der Grenze nach Kaliningrad gefahren, die erstaunlich ruhig war. Von den wenigen Autos, die uns begegneten, waren ca. 80% deutsche Fabrikate (Mercedes, BMW, VW, Ford, Opel) und die anderen 20% zum größten Teil andere westliche Marken. Die Straße selbst war von überraschend guter Qualität. Ordentlicher Asphalt, so gut wie keine Schlaglöcher. Erst in Kaliningrad wurde es schlechter. 20 Kilometer vor Kaliningrad taucht links das Meer wieder auf bzw. das Frische Haff mit der Nehrung im Hintergrund.

In Kaliningrad, das wir ohne weitere Störungen erreichten, war trotz zwei Telefonaten mit Schorsch das Hotel nicht gleich zu finden.

Matthias' Suche, die Befragung zweier Taxifahrer und mehrerer PassantInnen sowie unsere gesammelten Kombinations- und Pfadfinderkompetenzen haben uns schließlich auf den richtigen Weg zum Hotel Deima gebracht, einem Hochhaus am Rand des Zentrums. Hinter dem Haus ist ein bewachter Parkplatz, wo unsere Räder im Hänger hoffentlich gut aufgehoben sind.

In der Bar wird Bitburger ausgeschenkt!

Was wir auf unserem Weg durch die Stadt gesehen haben, war nicht sehr einladend. Als einzige Sehenswürdigkeit haben wir das Brandenburger Tor bewundern können, eines der 6 noch erhaltenen alten Stadttore und das einzige, durch das noch der Verkehr fließt.
Brandenburger Tor in Kaliningrad

Ansonsten haben wir schmuddelige städtische Bausubstanz, überwiegend aus der Sowjetzeit, und chaotischen Verkehr gesehen.

Statistik: 73 Kilometer, 3:38 Std.



16. Tag: Freitag, 9. Juni nach Nida in Litauen

Morgens haben wir unsere Räder auf dem Hänger gelassen und das Gepäck dazu geladen, da wir zunächst den Dom anschauen und uns dann per Auto aus Kaliningrad bringen lassen wollten.

Der Dom ist mit Sicherheit das sehenswerteste Gebäude in dieser großen Stadt. Er ist außen sehr gut erhalten und gepflegt und jetzt wird er auch innen wieder her gestellt. Wir konnten einen Blick in die Baustelle werfen und feststellen, dass hier eine wunderschöne Kirche restauriert wird.

Als Baustellenbeleuchtung dienten die großen Lüster unter der Decke. In Kaliningrad ist man offensichtlich sehr stolz auf Immanuel Kant. Überall, auch am Dom, taucht sein Name auf.

Stadtansicht Dom in Kaliningrad Dombaustelle

Der Weg aus der Stadt auf vielfach saumäßigen Straßen war eine mittelschwere Odyssee. Es gibt keinerlei Richtungsbeschilderung. Eigentlich kann man sich nur nach dem Sonnenstand richten - sofern diese scheint. Das tat sie heute morgen nach dem Frühstück aber nicht. Wenn wir diese Irrfahrt mit den Rädern absolviert hätten, wären wir - vielleicht - nachmittags aus der Stadt gekommen.

Nach zwei Kilometern fing es leicht an zu tröpfeln, während östlich ein Streifen blauen Himmels lockte. Der leichte Regen hielt bis weit auf die Kurische Nehrung an, die wir nach 20 Kilometern erreichten und der wir dann weitere 60 Kilometer folgten. Als wir die Regenklamotten anzogen, brauchte Rudi Hilfe von Schorsch beim Verschließen der Kapuze. Seine Ermahnung an Schorsch: "Be careful, ich hab nur aan Hals!"

Die Straße auf der Nehrung führte, von drei Orten und wenigen Gasthäusern abgesehen, ausschließlich durch Wald. Das Wasser links und rechts war nur zu ahnen, die Dünen links - auf der Meerseite - schimmerten ab und an durch die Bäume. Teilweise war sehr sumpfiges Gelände links und manchmal auch rechts des Weges.

Schorsch hatte zum zweiten Mal Schwierigkeiten mit der russischen Obrigkeit: An der Schranke, die wir am Anfang der Straße über die Nehrung ungehindert passieren durften, musste er zahlen, und zwar in Landeswährung. Also war wieder ein Besuch bei einer Bank fällig. Zu guter letzt wurde ihm noch eine Anzeige angedroht, weil er sich nicht vor dem Betreten seines Fahrzeugs angeschnallt hatte. Mit Drohungen und 20 Euro hat er sich schließlich aus dcer Affäre ziehen können.

Klaipeda und Nida auf kyrillisch

Nationalpark auf Litauisch
Russland liegt hinter uns

Eine mückenreiche verspätete Mittagspause kurz vor der Grenze war die letzte Mahlzeit auf russischem Boden. Als wir - diesmal mit wenig Schwierigkeiten - Russland hinter uns gebracht und Litauen erreicht hatten, waren wir allesamt erleichtert und kamen mit Schorsch zu dem Schluss, dass sich in diesem Land noch viel ändern müsse.

Nahe der Grenze war auch endlich die Sonne wieder raus gekommen, so dass die Einfahrt in Litauen noch angenehmer war.

In Nida (früher Nidden) gleich hinter der Grenze sind wir jetzt im Hotel Smilte unter gekommen. Es liegt direkt am Haff, aus den Restaurantfenstern schaut man aufs Wasser. Matthias mussten wir erst überzeugen, dass dieses Wasser das Haff und nicht das Meer ist. Schließlich hat er's uns aber abgenommen.

Um sechs Uhr bzw. sieben Uhr Ortszeit (Litauen ist eine Zeitzone weiter und hat auch Sommerzeit) begann das Eröffnungsspiel der Fußball-WM Deutschland gegen Costa Rica. Das wurde im Restaurant verfolgt.

Statistik: 80 Kilometer, 3:47 Std.