Neunter bis vierzehnter Tag: durch Polen

9. Tag: Freitag, 2. Juni nach Gryfice in Polen
10. Tag: Samstag, 3. Juni nach Koszalin
11. Tag: Pfingstsonntag, 4. Juni nach Smoldzino
12. Tag: Pfingstmontag, 5. Juni nach Bolszewo
13. Tag: Dienstag, 6. Juni nach Pruszcz Gdansk
14. Tag: Mittwoch, 7. Juni nach Frombork

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9. Tag: Freitag, 2. Juni nach Gryfice in Polen

Morgenstimmung an der Oder mit Grenzbrücke Zum Start am Morgen bei strahlendem Sonnenschein (die Mücken waren auch schon wach) gleich wieder eine Reifenpanne bei Gerhard.

Schnell Schlauch und Reifen gewechselt, dann mit Schorsch im Auto zu zweit (Gerhard und ich) mit gefahren über die Grenze, bis die anderen eingeholt waren.

Die Grenzformalitäten waren umfangreich: Kontrolle der Personalpapiere, der Fahrzeugpapiere und der Hängerladung. Der polnische Zöllner hat dann festgestellt, dass wir die Brücke, die wir eben passiert hatten, wegen zu hohen Gewichts gar nicht hätten befahren dürfen.

Wir befürchteten schon, dass er uns über die Brücke, deren Einsturz wir eben riskiert hatten, wieder zurück schicken würde. Der deutsche Kollege hat dann aber weiter geholfen.

Der in Sachen deutsche KFZ-Papiere nicht sehr sachkundige polnische Beamte hatte irgendwie zulässiges Gesamtgewicht und Hubraum addiert und das Ganze mit dem Datum der Erstzulassung multipliziert oder so ähnlich. Dazu kam dann noch die Schätzung unserer Körpergewichte, die sicher (bei einigen von uns) nachteilig ins Gewicht gefallen ist.

Schließlich ging's dann doch weiter und nach 13 Kilometern waren die anderen eingeholt. Durch Felder und Wiesen, zwischendurch auf ca. 3 Kilometern Pflaster mit kaum mehr als Schrittgeschwindigkeit, ging es Richtung Dabie.

Auf dem Weg dorthin waren noch mehrere Kilometer Buchenwald zu durchqueren, der erste Wald ohne Kiefern und Akazien seit mindestens 300 Kilometern.

In und um Dabie haben wir dann wegen mangelnder Beschilderung und Übersichtlichkeit den richtigen Weg nicht gefunden.

Da wir inzwischen viel Zeit verloren hatten, wurden die Fahrräder verladen. Wir haben es uns im Bus bequem gemacht und uns 48 Kilometer bis Debice fahren lassen, wo wir zunächst Mittagspause machten.
Roy auf der Rüttelstrecke

Anschließend ging es auf belebteren Straßen weiter, bei denen wir davon ausgehen konnten, dass sie gut befahrbar sind. Dazu gehörten auch 19 Kilometer von Novogard auf der Straße Nr. 6 in Richtung Gdansk.

Diese Strecke ist nicht empfehlenswert, da sehr viel Schwer- und Fernverkehr unterwegs ist, darunter viele deutsche PKW. Die letzten 12 Kilometer verliefen auf der mittelprächtig befahrenen 109 bis Gryfice.

Zwischendurch hat es dann auch Rudi noch erwischt: Ein Metalldorn steckte in seinem Vorderrad, so dass wieder einmal Pannenhilfe notwendig war. Inzwischen bin ich zum "Chefmechaniker" avanciert und habe meist vom Flicken schwarze Hände in meinen Radhandschuhen.

Die gesamte Strecke war wellig bis hügelig und damit einigermaßen anstrengend. Vor dem Hotel nach dem Ausladen des Gepäcks und Aufladen der Fahrräder auf den Hänger (es gab keine andere Unterstellmöglichkeit für die Räder) probierten wir zuerst eine Runde Piwo (Bier), das von allen für gut befunden wurde.

Die anschließende Suche nach einem Restaurant führte uns durch die ganze Innenstadt. Nach dem Abendessen mussten wir überlegen, wie unser Mitfahrer Graham am besten nach Hause kommen könnte, da seine Frau nach einem Unfall im Krankenhaus liegt.

Statistik: 98 km, 5:05 Std.



10. Tag: Samstag, 3. Juni nach Koszalin

Heute wieder Start bei grauem Himmel, aber vorerst ohne Regen. Es ging weiter auf der 109 nach Trzebiatów, das wir nach 19 Kilometern erreichten. Schorsch hatte wenige Kilometer weiter einen schönen, geschützten Platz im Wald erreicht, da es inzwischen ordentlich nieselte.

Der Weg führte weiter auf der 102 in Richtung Kolobrzeg, dem früheren Kohlberg. Wenige Kilometer vor Kolobrzeg ab einer Einmündung der Straße von Drawsko Pom. nahm der Verkehr stark zu und ebenso der Regen. Bis wir in der Stadt das Meer erreichten, war der Regen richtig heftig geworden. Deshalb haben wir uns in einen überdachten Imbiss geflüchtet und erst mal Kaffee u. a. getrunken.

Das hat uns aber nicht allzuviel geholfen. Der Regen ging bis zum Nachmittag weiter und hat uns auf den restlichen 45 Kilometern bis Koszalin begleitet. Diese gesamte Strecke haben wir auf der 11 zurückgelegt, einer Straße der gleichen Kategorie wie die sechs, aber mit erheblich weniger Verkehr (das mag auch am Samstag gelegen haben).

Hier in Koszalin sind wir im Motel Monika untergekommen und waren zum Essen in der Stadt in einem schönen Restaurant mit polnischer Küche. Gut war's! Leider hab ich den Namen vergessen.

Übrigens habe ich wegen des Sch...-Wetters heute kein einziges Foto gemacht.

Statistik: 101 km, 4:40 Std.



11. Tag: Pfingstsonntag, 4. Juni nach Smoldzino

Morgens war der Himmel wieder grau in grau, aber es war trocken. Die Temperatur ließ nach wie vor zu wünschen übrig. Von Koszalin ging es zunächst wenige Kilometer auf die 6, dann weiter auf die 203 zunächst bis Dabki, wo wir nach ca. 35 Kilometern die erste Rast am Meer machten, diesmal, anders als in Kolobrzeg, wenigstens ohne Regen.

Matthias am Meer Im Wasser waren nur ein paar junge Leute in Neopren, die Surfen lernen wollten.

Bis zur Mittagspause weiter auf der 203 nach Ustka, dem früheren Stolpmünde, wo wir mehr oder weniger frierend nach 80 Kilometern die Mittagspause an der Strandpromenade verbracht haben.

Die meisten von uns haben vor der Abfahrt noch mal wärmere Klamotten angezogen, da es wirklich extrem ungemütlich war, dann auch einzelne Regentropfen fielen und es nicht nach Besserung aussah.

Ich bin heute übrigens den ganzen Tag mit meinen "Zivilschuhen" gefahren, weil die Radschuhe noch von gestern nass waren.

Ab Ustka sind wir die letzten 33 Kilometer auf Nebenstraßen ohne Nummern gefahren, die alle gut befahrbar waren. Hier und da waren Löcher, Risse oder Flicken im Asphalt, insgesamt war es aber eine schöne Strecke durch viele kleine Dörfer mit wenig Verkehr.

Letzteres hatte sicher auch damit zu tun, dass in der ganzen Gegend, wenn nicht in ganz Polen, heute Erstkommunion gefeiert wurde. Übrigens ist das Wetter heute nachmittag doch noch erheblich besser geworden. Die Sonne scheint, nur der Wind ist nach wie vor kalt.

Gegen 16:30 Uhr sind wir in Smoldzino im Gosciniec u Bernackich angekommen (keine Ahnung was das heißt).

Unsere Zimmer befinden sich in der ehemaligen deutschen Schule, einem alten, ehrwürdigen Gebäude.

Überall - im Freien, im Restaurant und im Hoteltrakt - stehen aus Pappelstämmen geschnitzte Figuren jeder Größe. Außerdem hängen überall Gemälde und Zeichnungen unterschiedlicher lokaler Künstler.

Mit dem Abendessen war's eher schwierig. Der junge Kellner war wohl ziemlich überfordert. Viele der gewählten Gerichte gab es nicht (sogar ein Kartofelsüppchen war nicht zu kriegen), die Vorspeisen kamen zum Teil mit oder nach dem Hauptgericht.

Was aber kam, war von bester Qualität. Aufsehen erregten zwei "Golonka" (Schweinshaxen) von beachtlicher Größe, mit denen Schorsch und Matthias einen schweren Kampf kämpften.
Kunst vor alter deutscher Schule

Statistik: 113 km, 5:08 Std.



12. Tag: Pfingstmontag, 5. Juni nach Bolszewo

Ein wunderschöner Morgen! Die Sonne schien, wir frühstückten in der Sonne unterm Apfelbaum im Hof. Auf das Frühstück mussten wir länger warten, dafür war's aber vom Feinsten, üppig und lecker. Der Tisch bog sich unter der Last.

Die Parole lautete: "Heute können wir uns Zeit lassen, wir fahren nur 70 Kilometer oder 90, wenn wir einen Abstecher an's Meer machen."

Also sind wir nach gemütlichem Frühstück erst gegen 9:45 Uhr gestartet, nachdem Sonnenmilch und -creme endlich mal zum Einsatz gekommen waren.

Da wir jedenfalls ans Meer wollten, sind wir die 213 und ab Wicko die 214 bis nach Leba gefahren.

Die erste Stunde führte uns noch einmal - wie schon gestern nachmittag - an der Grenze des Nationalparks "Narodowy Park Slowínski" entlang.

Nach 50 Kilometern waren wir endlich am Strand, haben uns die Sonne auf den Pelz brennen lassen und dem Meeresrauschen gelauscht, soweit es zwischen den Anekdoten und Geschichten in der Runde zu hören war.

Ausnahmsweise haben wir zum Mittag ein Bier genossen - Marke Tyskie in 0,66-Liter-Flaschen. Die Temperatur des Meerwassers war bis zum Knie erträglich und erfrischend.
Sommerstimmung mit Tyskie
eins von vielen Storchennestern Anschließend sind wir ca. 40 Kilometer auf ruhigen kleinen Nebenstraßen nahe der Küste durch herrliche Landschaft und viele kleine bis sehr kleine Dörfer gefahren.

Auch heute wieder waren über uns viele Storchennester, einmal auf drei Strommasten hintereinander.

Nach 113 Gesamtkilometern war das Ziel Hotel Victoria in Bolszewo erreicht.

Diesmal sind wir in einem nicht sehr sehenswerten Städtchen in einem allerdings "pomfortionösen" Hotel gelandet.

Die acht Fahrräder wurden durch die piekfeine Eingangshalle in die Garderobe des Konferenzsaals geschoben, wo sie bis morgen früh eingeschlossen sind.



Statistik: 113 km, 5:10 Std.

13. Tag: Dienstag, 6. Juni nach Pruszcz Gdansk

Heute ist nur eine kurze Etappe zu bewältigen. Ca. 50 Kilometer bis Gdansk, wo wir uns Zeit für einen ausgiebigen Stadtbummel nehmen wollten.

Für den Weg nach Gdansk hatten wir uns für die 218 entschieden. Die Straßenqualität war teilweise katastrophal. Die Hälfte der Fahrbahn Stück für Stück seitlich weg gebrochen und hundertfach mit ein paar Schaufeln Asphalt geflickt. Daneben gab es aber auch mehrere völlig erneuerte Straßenstücke.

Auf dem Weg nach Gdansk änderte sich das Gelände von wellig nach eher hügelig. Auf halbem Weg stand plötzlich ein Berg im Weg mit einer ewig langen Steigung von 7%, die es zu erklimmen galt. Keine Ahnung wo der her kam!

20 Kilometer vor Gdansk stießen wir auf eine viel befahrene Straße, die auch noch mit Baustellen garniert war. In der Stadt war das Befahren dieser Straße mit Fahrrädern verboten. Zunächst gab es auch keine Alternative und da wir nach kürzester Zeit von der Polizei mit Lautsprechern der Straße verwiesen wurden, mussten wir erst mal schieben.

Irgendwann tauchte dann links ein Radweg auf, den wir gerne nutzten. An einer Baustelle kurz vor dem Zentrum war dann wieder Schluss so dass wir noch einmal auf den Gehweg ausweichen mussten. Am Ziel waren wir uns einig dass die spätere Fahrt aus der Stadt hinaus noch weniger Vergnügen sein würde, da die Straße Nr. 1, die wir unausweichlich für die 15 Kilometer zum Hotel nutzen mussten, zur Hauptverkehrszeit für uns kaum befahrbar wäre. Also haben wir unsere Räder gleich in den Hänger verladen, ehe wir zur Stadtbesichtigung aufbrachen.

Danzig - Straße          Danzig - Souveniers - Souveniers

Dafür haben wir uns dann drei Stunden Zeit genommen inklusive Essen und Trinken.

Die anschließende Fahrt im Auto zum Hotel Jawor in Pruszcz Gdansk war trotz Feierabendstau schnell erledigt so dass wir einen geruhsamen Nachmittag und Abend verbringen konnten nach nur 52 Kilometern Tagesleistung.

Übrigens hatten wir heute einen weitgehend sonnigen Tag mit noch immer eiskaltem Wind. Der Wechsel zwischen Schwitzen und Frieren macht allen etwas zu Schaffen.


Statistik: 51 km, 2:42 Std.



14. Tag: Mittwoch, 7. Juni nach Frombork

Und wieder ein Start bei Sonnenschein. Es ist heute zwar noch immer sehr kühl, aber nicht mehr so kalt wie gestern.

Don't pay the Ferryman Vormittags Pause an der "Toten Weichsel" mit Schwänen und Froschkonzert, danach noch 7 Kilometer bis zum Weichselufer, wo die Fähre wartete.

Auch wir warteten mindestens eine viertel Stunde, stillschweigend beobachtet von einem Mann, der in der Sonne saß und den wir für den Fährmann hielten.

Als ein nachfolgender Autofahrer ihn offensichtlich nach der Abfahrtszeit fragte und dann wendete und fort fuhr, haben wir endlich erfahren dass die Fähre heute gar nicht fährt und wir die südlich gelegene Brücke nehmen müssten.

Die haben wir dann nach etlichen Kilometern am Weichseldeich und durch die Felder erreicht und überquert. Das bedeutete auch, dass ein andere Route gesucht werden musste und wir Schorsch mit Verpflegung erst nach 50 Kilometer Fahrtstrecke treffen konnten.

Die Brotzeit war sauer verdient. Durch diesen unvorhergesehenen Umweg war dann leider auch der geplante Besuch in der Konzentrationslagergedenkstätte Stutthoff hinfällig.

Übrigens ist die Landschaft hier soweit das Auge reicht tellerflach (zum ersten Mal seit wir in Polen sind).

Wegen einer Sperrung mussten wir noch einen weiteren Umweg auf einer über viele Kilometer ganz neu gebauten Straße machen. Die noch nicht ganz fertige Strecke hat uns wegen vieler kleiner Baustellen weiter aufgehalten und dann mussten wir durch Elblag (früher Elbing) fahren statt wie geplant nördlich vorbei. So wurde es viertel vor drei, bis wir nach 95 Kilometern Schorsch zur Mittagspause trafen.

Wir haben ein sonniges und einigermaßen windgeschütztes Plätzchen gefunden, wo einige sich nach dem Essen im Gras ausstreckten.

Die letzte Etappe war dann doch noch mal 35 Kilometer lang.

Nach wenigen Kilometern - wir fuhren gerade friedlich in einer Reihe, rechts war ein schilfbestandener Graben - bog Rudi plötzlich nach rechts ab und war im nächsten Moment verschwunden. Später Nachfolgende hätten keine Spur mehr von ihm gesehen. Zum Glück waren noch Radler hinter ihm, die ihm schnell wieder aus dem Graben halfen und auch sein Rad heraushievten.

Das Rätsel seiner unfreiwilligen Grabenerkundung war schnell gelöst: Er war auf den Sandstreifen am Straßenrand geraten und hatte auf dem lockeren Untergrund keine Chance gegenzulenken. Zum Glück stand so viel Schilf im Graben dass Rudi das Wasser nur mit der linken Hand erreicht hat. Da er keine Taucherbrille greifbar hatte, musste er auf tiefschürfendere Erkundungen verzichten.

Er war nur etwas blass um die Nase und konnte gleich weiter fahren.

Zu unser besonderen Freude folgten unerwartet noch drei ordentliche Steigungen, wovon zwei sich über mehrere Kilometer in die Höhe schraubten. Schorsch hatte uns zwar vorgewarnt, wir haben diese Warnung aber nicht all zu ernst genommen. Alle haben die Herausforderung gemeistert, wenn sich auch das Feld am Berg ordentlich auseinander zog.

Übrigens beginnt wohl auch in Polen die Markierung überregionaler Radwege. Gestern und heute sind wir immer wieder den Hinweisschildern für den Radweg R1 und heute zwischendurch auch für den R64 begegnet.

Schließlich sind wir gegen 18:00 Uhr in Frombork (dem früheren Frauenburg) kurz vor der Grenze gelandet, im Hotel Kopernik mit Blick auf den großen schönen Dom, den wir morgen früh noch besichtigen können.

Seit Beginn der Tour wirft die Fußball-WM ihre langen Schatten voraus. Außer Politik (Welt, Deutschland, Hessen und vor allem Wetteraukreis und Wetterauer Kommunen) bestimmt vor allem Fußball die abendlichen Gespräche bei Bier und Wein.

Die Themenpalette reicht von der erwarteten Mannschaftsaufstellung unserer Nationalmannschaft über Anekdoten aus früheren Weltmeisterschaften und die aktuellen Bundesligaspieler und -mannschaften bis zu Wetterauer Fußball-Events.

Einen unerschöpflichen Anekdotenfundus liefert täglich Matthias aus seinem Heimatort Okarben, auch Oberkarben oder Nullkarben genannt.
Ausruhen in Frombork

Die Originale aus diesem Ort und deren Taten füllen ganze Abendunterhaltungen. Mal sehen ob's bis zum Ende der Tour reicht.


Statistik: 130 km, 6:28 Std.